Der Ulmer Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar der aktuellen 4. Auflage des Buches "Farbatlas Alte Obstsorten" überlassen. Bezahlbare, aktuelle obstkundliche Fachbücher sind rar gesät. Die historischen Werke sind schwer zu bekommen und entsprechen auch nicht den heutigen Sehgewohnheiten. Insofern ist dieses Buch, soviel schonmal vorab, ein wichtiger Bestandteil der pomologischen Abteilung unserer Hausbibliothek geworden.
Farbatlas Alte Obstsorten. Walter Hartmann, Eckhart Fritz. 4. Auflage 2011. 318 S., 445 Farbfotos, 7 Zeichn., geb. ISBN 978-3-8001-7634-2. € 24,90
Nach einigen lesenswerten Grundinformationen zum Obst und seiner Geschichte und Bedeutung gibt es eine kurze und gut bebilderte Einführung in die Bestimmungsmerkmale der Früchte und ihrer Bezeichnungen. Nur so kann man mit den Sortenbeschreibungen im Hauptteil des Buches etwas anfangen.
Der Sortenteil des Buches ist nach Obstarten und dann innerhalb der Kapitel alphabetisch gegliedert.
Den Anfang machen die Äpfel mit 138 beschriebenen Sorten.
Den oberen Teil der Sortenbeschreibung nimmt ein Foto der Früchte am Baum ein. Aus dieser Abbildung mehrer Früchte kann man einen ersten Gesamteindruck gewinnen.
Unter dem Bild folgt eine zweispaltige Sortenbeschreibung. Sie beginnt mit dem Sortennamen und bekannten Synonymen. Soweit bekannt wird außerdem in wenigen Zeilen die Herkunft und das Alter genannt.
Der eigentliche Textteil umfasst dann eine allgemeine Beurteilung zu den wichtigsten Vor- und Nachteilen und der Anbaueignung der Sorte, die die weitere Beschreibung zusammenfasst.
Unter "Verwendung" wird angegeben, ob es sich um eine Tafel- oder Wirtschaftssorte handelt und ob sie gegebenenfalls für bestimmte Verarbeitungen, wie z.B. Saft oder Dörren besonders geeignet ist.
Die Angaben zur Frucht sind für die Bestimmung am wichtigsten. Hier werden zunächst Aussagen zur Pflückreife, zur Genussreife und und zur Lagerfähigkeit und Lagerentwicklung gemacht. So kann man Sorten, die den falschen Reifezeitpunkt haben leicht ausschließen. Außerdem werden die einzelnen Merkmal, wie Kernhaus, Blüte, Stiel und Geschmack beschrieben.
Auch der Baum wird bezüglich seines Wuchses und der geeigneten Standorte, Befruchtereigenschaft, etc. beschrieben. Auch diese Merkmale sind für eine Bestimmung in Zweifelsfällen hilfreich.
Unter "Besondere Merkmale" werden auffällige Eigenschaften der Frucht aufgeführt, auf die man bei der Bestimmung besonders achten sollte.
Zum Abschluss werden wie in einem Pilzbuch Verwechslersorten genannt, die ähnliche Früchte haben können.
Ganz unten auf jeder Seite ist eine leider mit gut einem Zentimeter sehr kleine Abbildung eines Längstschnittes durch den Apfel, so dass man auch das Innenleben, z.B. Fruchfleischfarbe, Kernhaus, Kerne, Blütenform, etc. erkennen kann. Leider ist bei manchen Sorten der Stiel nicht gut erkennbar, was auch an der geringen Größe der Abbildungen liegt. Bei einer Neuauflage sollte überlegt werden, hier nachzubessern.
Die 101 beschriebenen Birnensorten teilen sich noch einmal in Tafelbirnen und Most- und Wirtschaftsbirnen auf. Die Beschreibungstechnik entspricht der bei den Äpfeln, allerdings fehlen hier die Schnittbilder ganz, obwohl meist sogar noch Platz auf der Seite wäre. Die ohnehin schwierige Bestimmung wird dadurch nicht unbedingt erleichtert.
Bei den 22 Pflaumen- und Zwetschensorten tritt an die Stelle einer Schnittabbildung eine Abbildung des Steins.
Bei den 13 Krischensorten gibt es wieder keine kleinen Abbildungen.
Insgesamt sind somit 274 Sorten beschrieben. Dabei handelt es sich natürlich nur um eine kleine Auswahl der beschriebenen Sorten. Dennoch eignet sich das Buch um einen Anfang zu machen und sich an Bäumen, deren Sorte man kennt zu trainieren. Die Praxis lässt sich nicht durch ein Buch ersetzen und gute Pomologen haben meist Jahrzehnte Erfahrungsschatz.
Das Buch ist aber auch dann eine Hilfe, wenn man es nicht zum Bestimmen benutzen möchte. Hat man seine Sorten erstmal ermittelt, weiß sie noch oder kauft nach Lektüre des Buches eine neue alte Sorte für den eigenen Garten, gibt das Buch auch Informationen zum Ertntezeitpunkt, zur Lagerung und zu besonderen Verwendungsmöglichkeiten. Auch sollte man damit überprüfen können, ob es sich wirklich um die gekaufte Sorte handelt, oder ob der Baumschule einer der häufigen Fehler unterlaufen ist und man eine andere Sorte erhalten hat.
Fazit: Ein gutes Fachbuch, das sich einen festen Platz in unserer Hausbibliothek verdient hat. Der Ladenpreis liegt außerdem in einem für derartige Bücher sehr moderatem Bereich. Einen direkten Eindruck kann man sich durch eine Leseprobe auf der Seite des Ulmer Verlags verschaffen.
Weitere Rezensionen zu Obstsortenbüchern:
Handbuch Obstsorten
Rosenapfel und Goldparmäne
Also, wenn Du mal in Berlin bist, kannst Du gern mit dem Buch bei uns vorbeikommen und mal versuchen, danach unseren Apfel- und Birnbaum zu bestimmen. Als ich das mal mit dem Apfel versucht hatte, wurde mir in Pflanzen-Kölle an dem Termin mitgeteilt: "Das ist kein Apfel". Verdutzt verlangte ich eine Erklärung, die dann hieß: "Das ist keine Apfelsorte" .... Offensichtlich eine alte Sorte, die die "Fachleute" nicht kennen. In den letzten Jahren habe ich herausgefunden: zum Saftmachen und Lagern nicht so geeignet, dafür aber absolut fabelhaft für Apfelmuß und Dörräpfel. :D
AntwortenLöschenHallo Anita,
AntwortenLöschenwie ich geschrieben habe, bietet das Buch nur einen Ausschnitt der existierenden Sorten an. Ein richtig umfangreiches modernes Werk habe ich bislang nicht gefunden und wenn wäre es wohl unbezahlbar.
Ich war auch schon auf mehreren Sortenbestimmungsveranstaltungen, einmal waren wir sogar Gastgeber und hatten einen Pomologen eingeladen. Es gibt einen nicht unbeträchtlichen Teil an Früchten, die sich nicht bestimmen lassen, weil ihre Merkmale mit keiner dem Pomologen bekannte Sorte übereinstimmen.
Das kann unterschiedliche Gründe haben. Der Pomologe kann nicht alle Apfelsorten kennen, insbesondere nicht die Regionalsorten aus Gegenden in denen er nicht tätig ist. Es kann sich auch um eine gut beschriebene, aber als verschollen geltende Sorte handeln. Niemand kann deren sämtliche Beschreibungen im Kopf haben und erst wenn mal jemand zu einem Termin kommt und sagt: "Schauen Sie mal, meine Urgroßmutter hat gesagt, das ist der Wasauchimmer", lässt sich die Sorte mit der Beschreibung vergleichen und gegebenenfalls bestätigen.
Dann gibt es noch haufenweise weniger verbreitete Sorten, die zwar namentlich erwähnt und vielleicht auch in ihren Merkmalen beschrieben, aber nie detailgetreu abgebildet worden sind. Da kann man dann nur raten, ob es die Sorte wirklich ist, selbst wenn alle beschriebenen Merkmale zutreffen. Ausnahme, jemand sagt einem die Sorte, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass der überlieferte Name stimmt.
Viele Sorten sind aber garnicht erst beschrieben worden und waren eher lokal verbreitet. Dies trifft meines Erachtens besonders auf Sorten zu, die sich vielleicht nicht zum unmittelbaren Verzehr, sondern für andere Zwecke eignen. So genannte Wirtschaftssorten wurden und werden von den Pomologen häufig etwas stiefmütterlich behandelt.
Schließlich kann es sich auch im einen Zufallssämling handeln. So sind früher die meisten Sorten entstanden. Kannst Du bei Deinem Baum eine Veredelungsstelle finden? Das ist eine mehr oder weniger ausgeprägte, häufig etwas wulstig anmutende Verdickung des Stammes, die sich meist entweder in Bodennähe oder unter dem Kronebeginn befindet. Wenn es keine Veredelungsstelle gibt, deutet das auf einen Sämling hin, dann hast Du Deine ganz persönliche und einmalige Sorte.
Wenn Du möchtest, kannst Du mir gerne ein Foto des Baumes und insbesondere des Stammes schicken, wenn Du Dir unsicher bist. Ich bin zwar kein Experte, aber das Auge schult sich schon etwas, wenn man öfter drauf achtet. Ich finde z.B. inzwischen immer wieder wild wachsende Apfelbäume an Stellen, an denen ich seit Jahren immer wieder vorbeigefahren bin, ohne sie zu bemerken.
Wie alt sind denn Deine Bäume und was ist darüber noch bekannt? Mit der Birne würde ich an Deiner Stelle nochmal einen Anlauf nehmen und nochmal zu einem Bestimmungstermin gehen. Den Apfel würde ich dann ruhig nochmal mitnehmen. Die Pomologen lernen auch laufend dazu und haben ein unterschiedliches Sortenrepertoire, wenn es nicht um die häufigen Sorten geht.
LG
Lorenz
Hallo Lorenz,
Löschenich mache mal ein paar Bildchen demnächst. Veredelt ist es nicht - ist irgendeine heimisch Sorte (nehme ich an) - und die Bäume sind nicht gerade jung ..... Das Problem war nicht wirklich, daß die 5 Leute dort es nicht kannten, sondern so elendig unhöflich waren und nach dem "Das ist kein Apfel" sich schon dem nächsten zuwandten und mich - im wahrsten Sinne des Wortes - stehenließen. Das hat mir den Respekt vor denen völlig vergällt.
Ich wollte aber hier mal in der Baumschule auch nachfragen - nur komme ich einfach nicht dazu. Naja ....
Aber Euch eine reiche Ernte!
LG, Anita.