
Überhaupt sind die Pilze echte Überlebenskünstler und man kann sie praktisch das ganze Jahr finden. Sie sind perfekt an wechselnde Witterung angepasst. Bei Trockenheit schrumpfen die Pilze, nur um bei Feuchtigkeit dann wieder voll aufzuquellen und weiterzuwachsen. Auch einfrieren und wieder auftauen macht ihnen nichts aus. Wegen dieser Eigenschaften eignen sich Judasohren am Besten als Trockenpilze und sind ein wichtiger Bestandteile chinesischer Suppen.
Bekannt sind sie in dieser Form unter diversen Handelsbezeichnungen, wie Mu-Err-Pilz oder Chinesische Morchel (obwohl die Judasohren nicht zu den Morcheln gehören). Der deutsche Name Judasohr geht auf eine Legende zurück, nach der sich Judas nach der Verurteilung Jesu an einem Holunder erhängt haben soll. Die Judasohren wachsen nämlich fast immer an Holunder und haben häufig eine Form, die menschlichen Ohren sehr ähnlich ist.
Ungefrostet sind die Ohren eher unauffällig, aber leicht zu finden, wenn man danach Ausschau hält. Viele alte Holunderbüsche haben welche an alten oder abgestorbenen Ästen. Gewichtsmäßig sind andere Pilze aber wesentlich ergiebiger, trotz guter Fundstelle habe ich in anderthalb Stunden "nur" ca. 400 g zusammen bekommen. So sehen die Ohren ungefrostet aus:

Je nach Witterung und Fundstelle können die Pilze relativ sandig sein. Man sammelt auch meistens ein paar Rinden- und Moosstückchen mit. Ich habe die Pilze daher in Wasser geworfen und abgespült. So bekommt man Fremdkörper besser ab. Allerdings quellen die Pilze dabei stark auf, so dass das Trocknen länger dauert. Das habe ich mir ganz einfach gemacht, indem ich sie auf Küchenzwirn aufgefädelt und die Pilzketten an die Heizung gehängt habe.

Getrocknet verlieren sie die braune Färbung, schrumpfen stark zusammen und werden natürlich federleicht.

In diesem Zustand kann man sie kleinbrechen, um mundgerechte Stücke für die Suppe zu haben. Über die Verwendung in der Küche kann ich noch nicht viel berichten, da ich sie noch nicht probiert habe. Sie sollen aber auf ihre volle Größe anschwellen, wenn man sie quellen lässt. Da die Judasohren praktisch keinen Eigengeschmack haben, kann man sie gut in würzigen Flüssigkeiten, wie Sojasauce oder Brühe ziehen lassen, deren Geschmack sie dann annehmen. Meine Kocherlebnisse werde ich dann bei Gelegenheit nachreichen.
Zuguterletzt soll nicht verschwiegen werden, dass die Judasohren auch als Heilpilze in der chinesischen Medizin gelten. Dafür ohne jede weitere Wertung das passende Zitat aus der Wikipedia: "In der Chinesischen Medizin werden die Pilze bei Patienten, die unter Arteriosklerose leiden, zur Verbesserung der Fließfähigkeit des Blutes und damit zur Behandlung von Kreislaufproblemen verwendet. Sie wirken zudem entzündungshemmend und senken den Cholesterinspiegel."
Gute Sammelstellen sind übrigens nicht schwer zu finden. Eigentlich muss man nur nach altem Holunder Ausschau halten. Der findet sich viel auf verwilderten Grundstücken, an Straßengräben und an Waldrändern. Der eigene Garten ist zwar auch eine gute Fundstelle, wird aber nicht die Mengen hergeben, die man vielleicht haben möchte. Verwechslungen sind übrigens praktisch ausgeschlossen (und im Übrigen relativ ungefährlich), wenn man einmal ein Judasohr in Natura gesehen hat. Für Verwechslungsmöglichkeiten siehe der Vollständigkeit halber dennoch hier.
UPDATE 30.01.2012: Annett hat die Anregung aufgenommen und hat gleich mal ihre Holunder inspiziert. Freut mich, dass ich ihr eine Freude machen konnte.
UPDATE 22.03.2012: Nun habe ich die getrockneten Pilze auch mal in der Küche ausprobiert.