Dienstag, 15. April 2014

Update zum unbekannten Werkzeug: Wallmesser bzw. Wallschneider

Am 10. Februar habe ich euch um Hilfe bei der Bestimmung von zwei unbekannten Werkzeugen gebeten. Ich denke, das Rätsel ist für das große Werkzeug gelöst. Ich habe nochmal bessere Fotos gemacht, vielleicht fällt ja noch jemandem etwas zum zweiten Werkzeug ein.
Das Werkzeug stammt von einem Hof in Stelle in der Winsener Marsch.

In der Diskussion in den Kommentaren wurden Torfwerkzeuge vorgeschlagen. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass es sich nicht um ein Torfmesser, einen Torfstecher oder eine Torfschaufel handelt (bei keinem der beiden Werkzeuge). Ich habe einfach keine Bilder gefunden, die auch nur eine entfernte Ähnlichkeit haben und die eigenartige Form der Werkzeug deutet eher nicht auf einen entsprechenden Verwendungszweck hin.

Mein Waldgarten hat dann die Torfsäge vorgeschlagen. Dazu habe ich eine einzige Abbildung gefunden. Die Klinge ist ähnlich, aber die Griffkonstruktion und die Befestigung ist völlig anders. Bei der Quelle bin auch etwas vorsichtig. Eine Verkaufsseite ist nicht unbedingt wissenschaftlich fundiert.

In meiner Verzweiflung habe ich das Deutsche Werkzeugmuseum in Remscheid angeschrieben. Dort konnte man auch nichts Genaues sagen: "Ich gehe aber davon aus, dass es sich um Geräte zur Bodenbearbeitung (z.B. des dortigen Marschbodens, oder anderswo des Moorbodens) handelt. Da ich Abbildungen dazu in den Standardkatalogen der deutschen Werkzeugindustrie aus den 1920er Jahren und einschlägigen, noch älteren Katalogen von Firmen aus unserer Region nicht finden konnte, gehe ich davon aus, dass die Gerätschaften als Einzelstücke in jeweils bedarfsgerechter Menge "vor Ort" hergestellt wurden, z.B. in der örtlichen Schmiede."

Nagut, also habe ich das Museum am Kiekeberg angeschrieben, das hier in der Gegen eine große Nummer ist. Zunächst bekam ich die Antwort, "es handelt sich um einen Torfschneider und ein Spatenblatt zum Torf- bzw. Sodenstechen". Auf meine Einwände, derartige Werkzeuge sähen zumindest im Internet deutlich anders aus, hat das Museum nochmal nachgeschoben: "ich habe noch mal kurz recherchiert und bin zum Ergebnis gekommen, dass es sich um Geräte zum Grabenreinigen handelt. Das Gerät mit den Sägezähnen diente zum Schneiden der Grabenkante, wurde jedoch auch zum Schneiden von Heu, Silage oder Mist verwendet (Wallmesser). Das spatenartige Instrument ist wohl ebenfalls zum Abstechen von Soden gedacht. Ein Gartenwerkzeug dieser Art ist mir jedenfalls nicht bekannt".


Die Schwierigkeit mit dem Wallmesser war, dass ich dazu im Internet keinerlei Bilder oder Beschreibungen finden konnte. Ich habe daher noch einmal nachgefragt, ob es eine Quelle dazu gäbe und wurde auf eine Veröffentlichung aus der Region verwiesen. Da das Heft relativ preiswert ist, hat die Gartenkasse mal 5 € investiert und das Schlossheft Nr. 5, herausgegeben vom Museum für Bergedorf und die Vierlande erworben. Autor des Heftes ist Werner Schröder und der Titel lautet "Alte Vierländer Gartengeräte - Arbeitskultur und Alltagsbilder". 

Das Heft beschreibt eine Vielzahl historischer Werkzeuge aus der Region, die hier auf der anderen Elbseite genauso aussehen. Ich denke, die Anschaffung hat sich auch über diesen Fall hinaus gelohnt.

Eine Abbildung findet sich auf Seite 107. Mit freundlicher Genehmigung darf ich die Abbildung und einen größeren erklärenden Abschnitt veröffentlichen (in einem extra Artikel).
Das Werkzeug sieht genauso aus, wie die Torfsäge. Entweder irrt die obere Intrenetquelle, oder das Werkzeug wurde auch für Torf verwendet. Der andere Griff mag an meinem Werkzeug auch mal dran gewesen sein, schließlich sieht man, dass es neu angeschmiedet worden ist. Werner Schröder bezeichnet das Gerät übrigens als Wallschneider und nennt ein anderes, größeres Werkzeug ohne Zähnung Wallmesser.

Zur Verwendung schreibt Werner Schröder: "Ein kleineres Messer mit Sägezähnen, woanders auch zum Schneiden von Heu, Silage oder Mist benutzt, hatte zwei Griffe und wurde von einer Person für leichtere Wallschneidearbeiten eingesetzt."

UPDATE 19.04.2014: Mit freundlicher Genehmigung durfte ich die obige Abbildung, sowie einen größere Abschnitt über die Werkzeuge und den Arbeitsablauf bei der historischen Grabenpflege veröffentlichen.

3 Kommentare:

  1. Toll, die Recherche!
    Nicht, daß ich je ein solches Werkzeug bräuchte, aber ich finde es hochspannend, was bei solchen Bemühungen herauskommt, vielen Dank fürs aufschreiben.
    Was hast Du denn mit den Werkzeugen vor? Möchtest Du sie herrichten und nutzen, oder sind sie mehr zum "anschauen und sich freuen, daß man weiß, was es ist" gedacht?
    PS: Versuch 4, zu kommentieren - sabotiert blogspot wordpress-Leute immer noch???? *grmpfl*

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    1. Hallo fjonka,
      wenn sich die Gelegenheit bietet und ich einen angemessenen Betrag für die Gartenkasse erlösen könnte, würde ich den Wallschneider auch verkaufen, da wir in der Tat aktuell keine Verwendung dafür haben. Sonst wird es eingelagert, vielleicht müssen wir ja mal einen Graben von Hand herrichten. Ich werde es aber erstmal im Originalzustand belassen.

      Das mit der Kommentarfunktion tut mir leid. Daran kann ich aber leider nichts ändern. Du kannst aber auch anonym, bzw. mit Namen kommentieren. Vielleicht geht das ja besser.

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  2. Wirklich interessant! Ich fand Deine Mail erst jetzt - wie die Mailwege manchmal so gehen. Denn ich hatte zwischendrin einen Systemabsturz, bei dem mir sämtliche Mails verloren gingen - nun aber eine ältere *pst wieder aufgespielt und siehe da, Outlook spuckte mir die Benachrichtigungsmail wieder aus.

    Liebe Grüße
    Sara

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