Samstag, 19. April 2014

Die Geräte der Grabenpfleger (Kleigräbers) und ihre Benutzung; Auszug aus einem Aufsatz von Werner Schröder

Eines der unbekannten Geräte hat sich nach einiger Recherche als Wallschneider entpuppt. Dabei handelt es sich um ein Werkzeug zur Grabenpflege. Eine Abbildung verschiedener Werkzeuge und eine ausführliche Erläuterung der damit durchgeführten Grabenpflege findet sich unter dem Titel "Grobens un Kleigräbers" ab Seite 104 im Schlossheft Nr. 5 des Museums für Bergedorf und die Vierlande. Autor des Heftes mit dem Titel "Alte Vierländer Gartengeräte - Arbeitskultur und Alltagsbilder" ist Werner Schröder.

Mit freundlicher Genehmigung des Museums für Bergedorf und die Vierlande und der Witwe des Autors darf ich hier einen größeren Abschnitt aus dem Aufsatz samt Abbildung veröffentlichen. Den ganzen Artikel und viele weitere interessante Geräte und Geschichten findet sich im Heft, dass man hier für 5 € käuflich erwerben kann.

Die Werkzeuge, den Wallschneider sieht man ganz links auf dem Bild. Mein Exemplar hat leider nicht mehr den original Stiel mit zwei Griffen:

Hier der Text:
Die Kleigräbers hatten einige Spezialgeräte an Schaufeln, Messern, Haken und Harken, die nur zum Ausklein benutzt wurden. Klei bedeutet schwerer, fetter und lehmhaltiger Marschboden. Ein Bauer, der diesen Boden an seinen Stiefeln hatte, war reich - he harr Klei anne Feut. Er beaufsichtigte zwar den Fortgang der Arbeit, ließ sich jdoch nicht allzu häufig sehen. Sein Kommen verbanden die Kleigräbers gerne mit einer Flasche Klarem, vielleicht hielten sie damit auch unnötige Kontrollen von sich ab. Weuer ers dat Woter weller in'n Groben un dor swümm nix mehr boben, dinn weuer dat Wark geroden.

Während zwei Männer im Wechsel die Schwenkschaufel bedienten, waren die anderen mit weiteren Vorbereitungen befaßt. Damit alles gerade wurde, mußte mit de Kleilien afflient warrn. Diese Leine konnte sowohl kleine als auch große Knoten für die Fuß- oder Ruteneinteilung haben. Mit dem Rutenstock, 4 x 1 Meter, wurde die Grabenbreite festgelegt. Hier gab es keine Norm; Breite und Tiefe waren abhängig von der Grabenart, Höhenlage, Bodenbeschaffenheit und letztlich auch vom vereinbarten Qualitätsanspruch des Bauern. Die Uferböschung bekam etwa eine Steigung von 1:2,5. War der Graben oben z.B. 8 Fuß, gleich 2,40 Meter breit, dann war die Sohle bei einer Tiefe von 5 Fuß 1,20 Meter, gleich 4 Fuß, breit.

An der Leine entlang wurde vorgestochen oder markiert, um dann mit dem Wallmesser, dan'n groten Snieder, den Wall bis unten durchzuschneiden. Er wurde von ein oder zwei Männern an einem Tau gezogen, und ein dritter führte am langen Holzstiel mit Quergriff das Messer im Bewegungswechsel. Ein kleineres Messer mit Sägezähnen, woanders auch zum Schneiden von Heu, Silage oder Mist benutzt, hatte zwei Griffe und wurde von einer Person für leichtere Wallschneidearbeiten eingesetzt.

Nach diesem Arbeitsgang wurde mit einer Schaufel oder einem Kantenstecher abgestochen, letzterer hieß "Steker" oder "Piekesch", wegen seiner äußeren Verwandtschaftsform zum Spielkartensymbol. Die nun frei werdenden Sodenstücke wurden zerteilt, um dann mit dem Haken, drei oder vierzinkig, hochgezogen und auf dem Wall sauber abgesetzt zu werden und so die neue Uferkante zu bilden. Der Vorgang hieß affeubern, abufern. Für größere Grasköpfe oder Schilfbüschel, Bültn genannt, kam der Bültnhauer zu Einsatz, auch bei Rundungen. Diese Uferstücke mußten für die Wallbefestigung verarbeitet werden, sie durften keinesfalls auf das Stück, da sie das Land verunreinigten.


Aber auch auf dem Wall waren sie nicht beliebt, denn im folgenden Sommer gab es hier so gut wie kein Heugras. Mit einer schwren Grabenharke wurde der Grund von der Grabenvegetation gesäubert und damit wurde der Wall dann geglätter. Mit einer hözernen Art Kornschaufel wurde der halbflüssige Modder auf den Uferwall befördert und von hier aus weiter zu Mitte des Stücks, zum Rücken. Das war wie "Peermess fött Land" und wohl eher ironisch gemeint. Innerhalb einer Kolonne gab es die Arbeitsteilungen: Affeubern und Uthokn, Wallopsettn und Utharkn und Utklein un Verdeeln.

Ein erhöhter Schwierigkeitsgrad mußte an den Enden und Ecken mit ihren Übergängen und Überfahrten bewältigt werden. Hier verliefen Rohre, früher aus Holz mit Klappen, später aus Eisen und Ton, heute aus Kuststoff. Alles wurde durchgesehen, repariert und gereinigt.

Größere Pausen gab es zwei oder drei, je nach Länge der Arbeitszeit. Einige Kleigräber beköstigten sich selbst, das erhöhte den Verdient. Andere bekamen Essen und Trinken vom Bauern auf das Feld gebracht, auch wegen der Aufsicht. Wenn die Witterung es zuließ, saßen die Männer unter einem Baum oder hinter einem Busch, wo dat'n bet'n schulen de. Bei Wund und Regen bauten sie aus ihren Schotten auch einen Schutz. Sie trugen hohe Lederstiefel bis über die Knie. Der Verdienst "fö disse Knoknarbeit" lag um 1900 bei zwei bis drei Mark am Tag. Es wurden aber auch 1,20 Mark für eine Rude gerechnet oder lediglich vierzig Pfennige, wenn nur gemäht oder ausgeharkt wurde.

Die Häufigkeit des Auskleiens gschah sehr unterschiedlich. Wetter- und Sammelgräben mußten etwa alle fünf Jahre gesäubert werden, obgleich die Wasserströmung die verhältnismäßig sauber von Bewuchs hielt. Es bildeten sich aber Ablagerungen und Untieren. Ziehende Gräben, etwa alle vier Stücke, oder Grenzgräben wurden im Turnus von etwa acht Jahren ausgezogen. Bei den Zwischengräben kamen auch schon mal zweölt bis fünfzehn Jahre zusammmen. Wenn zu selten gesäubert wurde, bildete sich "rode Mutt", eisenhaltiger Grundschlick. Wo dieser sich ansammelte, wuchs erst einmal nichts mehr.

Einige Bauern ließen ihre Gräben in einem Tauschverfahren säubern. Die Kätner oder Tagelöhner bekamen den etwa achtjährigen Erlenbusch an den Grabenränden als Feuerung. Drei Fuder reichten für den Winter, der Bauer selbst verfeuerte etwa fünfzehn Fuder. Dann brauchten weder Torf noch Briketts zugekauft werden.

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