Dienstag, 2. August 2011

Terra Preta Nova Teil 6: Risiken und Nebenwirkungen

Auch bei Terra Preta gibt es eine Kehrseite der Medaille, über die ich mir ein paar Gedanken gemacht habe.

Problem 1: Der Boden wird, sofern der Kohleanteil im Boden wie erhofft stabil bleibt, nachhaltig verändert. Er wird mehr Wasser und Nährstoffe speichern. Damit ändert man die Standortbedingungen auf veränderten Flächen für einen unabsehbaren Zeitraum. Lebewesen, die auf die bisherigen Gegebenheiten, besonders auf einen nährstoffarmen und/oder trockenen Standort spezialisiert sind, werden verdrängt. Das ist kein Problem, solange es sich um ein paar Quadratmeter in einem Garten handelt. Sollte sich das Einbringen von verkohlter Biomasse in den Boden aber großflächig durchsetzen, um landwirtschaftliche Flächen aufzuwerten, oder CO2 aus der Luft zu binden, kann dies ein Problem dartellen.

Problem 2: Woher die Biomasse nehmen? Für die Anwendung von Terra Preta bzw. Biochar im größeren Maßstab, benötigt man große Mengen Biomasse, die verkohlt werden muss. Diese Biomasse muss irgendwo wachsen. Von der zu befürchtenden Plünderung der Ur- und Regenwälder mal ganz abgesehen, ist die billigste Methode der Biomasseerzeugung der landwirtschaftliche Anbau in Monokultur mit allen bekannten Problemen. Auf den Flächen wird dann statt Lebensmitteln Biomasse zur Verkohlung angebaut. Das Problem ist dasselbe, wie beim Anbau von Energiepflanzen, nur, dass die Energieausbeute geringer ist und damit noch mehr Fläche benötigt wird.

Problem 3: Verarbeitung, Transportwege! Der Transport von Biomasse und Kohle sowie die Verarbeitung zu einsatzfähigen Substraten erfordert Energie und Rohstoffe. Die Industrielle Versorgung mit Biochar stellt also selber ein Umweltproblem dar. Lösung hierfür wäre eine möglichst lokale, dezentrale Biocharerzeugung. Das Problem hierbei ist aber die Technik. Bei unprofessionellen Verkohlungsverfahren werden wesentlich mehr giftige oder klimaschädliche Gase freigesetzt, der Effiziensgrad dürfte außerdem niedriger sein.

Problem 4: Langzeitfolgen! Lässt man mal die möglichen Vorteile der Bodenveränderung durch Kohle außer Betracht, diente das EInbringen von Biochar in den Boden vorrangig der Beseitigung von CO2 aus der Athmosphäre. Man würde also letztlich Müll lagern. Die Langzeitfolgen mögen leichter abzuschätzen sein, als bei der unterirdischen Flüssigspeicherung, die Risiken müssten aber dennoch erforscht werden. Wie verhält es sich zum Beispiel mit der Anreicherung von Schwermetallen. Möglicherweise konzentrieren sich diese in der Kohle über die Zeit. Wie sind die Auswirkungen auf den Ph-Wert, wie wir das Bodenleben beeinflusst und werden neben nützlichen Bodenorganismen nicht auch Schädlinge wie Kohlhernie etc. langfristig angesiedelt, so dass ihre Bekämpfung viel aufwendiger wird? Es bedarf jedenfalls in vielen Bereichen noch umfassender Forschungsarbeit, ehe man an einen Einsatz im ganz großen Stil denken kann, wie ihn viele Visionäre und Geschäftemacher erträumen.

Problem 5: Auch im Kleinen gehen Lebensräume verloren. Wird vermehrt Biomasse verkohlt, bleibt weniger davon im Wald, im Garten, auf dem Feld etc. Dadurch gehen vielen Tieren Lebensräume verloren. Viele Insekten benötigen Totholz, aber auch Igel und Vögel fühlen sich darin wohl.

Rechtfertigung: Ich werde von meinen privaten Experimenten trotz aller Risiken vorerst nicht ablassen. Bei den Mengen, die ich verarbeite und den wenigen Quadratmetern Fläche, deren Bodenbeschaffenheit ich verändere, ist der mögliche Schaden überschaubar. Die Forschung wird sich soweit sie denn stattfindet auf den Großeinsatz beschränken. Die Umsetzung in einem Garten mit möglichst geschlossenem Stoffkreislauf dürfte kaum von Interesse sein, da sich damit kein Geld verdienen lässt. Meine unwissenschaftlichen Versuche können so zu Erfahrungen führen, die im besten Falle in Zusammenschau mit anderen Erkenntnissen eine verträgliche Anwendung im Kleinstbereich ermöglichen. Ohnehin sieht es so aus, als hätte ich bisher nur genügend Material für Topfkulturen oder Minibeete erzeugt. Nicht zu vergessen sind auch die möglichen Vorteile durch eventuelle Ersparnisse bei Dünger, torfhaltiger Pflanzerde etc., die in erster Linie den Einsatz im Garten betreffen.

Hier der Link zum ersten Teil der Terra Preta Nova Serie mit Verlinkung zu allen Teilen.

1 Kommentar:

  1. hallo thimo, da ich mich seit 2 jahren mit dem thema kompost beschäftige, kam ich auch bei dem begriff "terra preta" vorbei. ich muß dir rechtgeben, unser wissen über diese wundererde ist bruchstückhaft. ob sie in unsere klimazone paßt wird sich zeigen.
    und ob am amazonas im mittelalter alles so abgelaufen ist, wir wir es von experten lesen können, wer weiß!
    wichtig ist es das thema zu nehmen und versuche zu starten, die ohne künstlichen dünger und andere belastende stoffe auskommen.
    wir haben auf jedenfall in den letzten jahren einen kompost entwickelt (abfälle aus dem wald, grasschnitt, brennesselpflanzen, gehächseltes holz, pferdemist, sägespäne, gesteinsmehl), ohne em und holzkohle. wenn die würmer sich dann zurückziehen ist die erde wirklich fuchtbar. in diesem jahr habe ich auf einem hochbeet eine nachbehandlung mit em durchführt. und auf die behandelte- und unbehandelte fläche erbsen gesteckt. das ergebnis ist eindeutig. pflanzenhöhe: 5cm (ungleichmäßig) unbehandelt- 14cm (gleichmäßig) behandelte seite.
    bei erbsen hilft es würde ich sagen.
    nun kommt die kohle rein. mal sehen wie das in den nächsten jahren wird.
    es gibt schon größere versuche: https://www.youtube.com/watch?v=Yb8uKxH8nMc

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